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Castros Krankheit

Kuba im Kreuzfeuer

Rico Rodriguez, Neue Internationale 114, Oktober 2006

Als die kubanische Revolution 1959 siegreich war und die Guerilleros in Havanna einzogen, als Fidel Castro und Ché Guevara plötzlich im Focus der Weltöffentlichkeit standen, waren beide für alle Linken große Hoffnungsträger.

Inzwischen ist Fidel Castro 80 Jahre alt und krank. Zum ersten Mal seit 1959 hat er die Regierungsgeschäfte an seinen jüngeren Bruder Raúl abgegeben. Niemand weiß, ob und für wie lange der „Máximo Lider“ wieder auf die politische Bühne zurückkehrt.

Die Pläne der USA

Die US-Regierung sowie zahlreiche „Experten“ und Exil-Kubaner ließen natürlich mit ihrer Reaktion auf Castros Krankheit nicht auf sich warten. Bald überschlugen sie sich mit „Vorschlägen“ für die Zukunft Kubas.

"Ich fordere das kubanische Volk auf, für den demokratischen Wandel auf der Insel zu arbeiten", war die gängigste Aussage von Präsident Bush. Kollegin Rice bestätigte in den letzten Tagen noch einmal, dass sie für „freie Mehrparteienwahlen“ in Kuba plädiert. Aber es wurde auch schon davon gesprochen, massive Wirtschaftshilfe an den Inselstaat zu gewähren - im Falle eines Umbruchs.

Hier tritt wieder einmal die ganze Verlogenheit der US-Strategie zu Tage. Seit 1961 halten die USA eine Wirtschaftsblockade gegen Kuba aufrecht. Nach 1990, mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, wurde sie unter Clinton und Bush noch verschärft. So muss jede Firma, die mit irgendeiner anderen Firma Geschäfte macht, welche Kontakte nach Kuba hat, in den USA mit Sanktionen rechnen.

Dieses Embargo hat in Kuba zu massiven Engpässen auf allen Ebenen geführt. Besonders im Transport und in der Nahrungsmittelversorgung hat es verheerende Folgen. Dieses Verhalten ist an Heuchelei und Falschheit wirklich kaum zu überbieten!

Die US-Rhetorik von „Demokratie und Freiheit“ dient auch in Kuba nur zur Durchsetzung ihrer Interessen. Sollte in Kuba ein Wandel nach Vorstellung der USA stattfinden, würde das Privateigentum für amerikanische Firmen zuerst wieder hergestellt, während das für ganz Lateinamerika vorbildliche kostenlose Gesundheits- und Bildungssystem recht bald abgeschafft wäre.

Zur politischen Situation auf Kuba

In der Frage des politischen Wandels auf Kuba müssen KommunistInnen natürlich für die Verteidigung der nachkapitalistischen Errungenschaften und gegen den Yankee-Imperialismus und die geplante Restauration des Kapitalismus eintreten.

Das Ende des Castro-Regimes wäre für Kuba ein wichtiger Einschnitt. Doch das Problem Kubas ist kein personelles. Fidel Castro und seine Führungscrew haben auf Kuba eine verknöcherte, bürokratische Parteidiktatur nach dem Vorbild der Sowjetunion etabliert. Sie halten sich verbissen an der Macht, jegliche Kritik oder Initiative wird abgeblockt und erdrückt. Sowohl in Richtung Kapitalismus, aber auch in die Richtung, in die es eigentlich gehen müsste: Arbeiterdemokratie.

Daran ändert auch nichts, dass Castro immer ein anderer Typ war, als die Bürokraten des Ostblocks - er führte eine Revolution an und war vor allem deshalb wirklich populär. Doch zugleich mit dem Sieg der Revolution sorgte er dafür, dass sie von Anfang an bürokratisch degeneriert war und wesentliche Elemente einer wirklichen Herrschaft der Arbeiterklasse und einer lebendigen Rätedemokratie fehlten. Auch die Volkskomitees waren nie wirklich demokratische Machtorgane, sondern der herrschenden Bürokratie untergeordnete Strukturen, die den Massen einen gewissen „Spielraum“ gaben.

Das spiegelte sich auch immer darin wider, dass er nie eine grundlegende Kritik des Stalinismus formulierte, geschweige denn, dessen konterrevolutionäre Strategie bekämpfte.

Auch Kubas wirtschaftliche Abhängigkeit vom Ostblock - neben der Blockade die zweite Ursache der ökonomischen Probleme Kubas - zeigt, dass weder Moskau noch Havanna den Willen hatten, eine wirklich demokratische Planwirtschaft zu etablieren, welche die Ressourcen und schöpferischen Möglichkeiten Kubas nutzt.

Dass Kuba sofort nach Fidel Castro umkippt und zum Hinterhof der USA wird, ist wenig wahrscheinlich. Vor allem, weil es in Kuba wieder leicht aufwärts geht, seit Hugo Chávez und Evo Morales gegen die US-Politik mobilisieren. Doch in Kuba wird sich etwas ändern müssen. Die Kubaner werden auf den Tod ihrer lebenden Legende reagieren, und das versteinerte Herrschaftssystem wird stärker in die Kritik geraten. Somit bietet das Abtreten von Fidel Castro auch Chancen, weil Machträume frei und Diskussionen stattfinden werden.

Politische Revolution

Wir treten auch bei der Frage Kuba dafür ein, dass die Errungenschaften der Revolution erhalten und verteidigt werden, aber die Bürokratie durch eine Arbeiterdemokratie ersetzt wird. Das bedeutet aber nicht nur, einige Reformen zu beginnen. Es heißt, den bürokratischen Machtapparat durch einen Rätestaat zu ersetzen; es heißt, die direkte Machtausübung der Massen zu ermöglichen und die Wirtschaft auf Basis eines Notplanes zu reorganisieren.

Natürlich ist das nicht im beschränkten Rahmen Kubas möglich, sondern nur mit Hilfe der Unterstützung der internationalen Arbeiterbewegung und der Linken. Das alles ist nur möglich im Rahmen eines dann wesentlich konsequenteren Antiimperialismus, als ihn momentan Chavez oder Morales demonstrieren.

Letztlich steuert Kuba wie schon seit Jahrzehnten auf die grundsätzliche Frage zu: Rückfall in den Kapitalismus oder politische Revolution.

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Nr. 114, Oktober 2006

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